Jan Brueghel d.J. (1601 – Antwerpen – 1678) WEITE HÜGELIGE LANDSCHAFT ...


Jan Brueghel d.J. (1601 – Antwerpen – 1678) WEITE HÜGELIGE LANDSCHAFT MIT RAST AUF DER LANDSTRASSE. Ende der 1620er Jahre Öl auf Eichenholz. 38,7 x 55,4 cm ( 15 ¼ x 21 ¾ in.). Rückseitig Prägungen: Hand [Zunftzeichen der Paneelmacher Antwerpens] / Rückseitig in Fettstift: 4 8. Mit einem Gutachten von Cornelis Hofstede de Groot, ’s-Gravenhage, vom Februar 1926, Nr. 3000, als „ein echtes und karakteristisches Werk von Jodocus des Momper (Landschaft) und Jan Breughel dem Aelteren (die Staffage)“ (im Original) / Mit einem Gutachten von Max J. Friedländer, Berlin, vom 11. April 1927, als „ein feines u. charakteristisches Werck von Jod. de Momper. Die Figuren rühren von Jan Brueghel her“ (im Original) / Mit einem Gutachten von Klaus Ertz, Lingen, vom 28. Januar 2015.– Nicht parkettiert. [3001] Provenienz: Galerie Fritz Rothmann (1893–1983), Berlin / 1926 Sammlung Kurt Rohde, Berlin / Sammlung Elisabeth Rohde, Berlin Quelle Sammlung Rohde-Hinze: Quittung Galerie Fritz Rothmann, Berlin, 12. Oktober 1926, 1.300 RM Der Betrachter schaut von erhöhtem Augenpunkt auf eine weite, hügelige Landschaft, deren Raumabfolge noch der manieristischen Komposition der Weltlandschaft mit seinem Drei-Gründe-Schema verhaftet ist: einem über die gesamte Bildbreite hin sich ausbreitenden, von Brauntönen dominierten Vordergrund, auf dem sich das szenische Geschehen abspielt, ist in der Tiefe ein in gelb-grünen Farben gestalteter Mittelgrund hinterlegt, der den Zwickel ausfüllt. Ansatzpunkt der Schräge, die links nach rechts bis zum Bildrand gezogene Horizontale und der rechte Bildrand bilden eine klare Dreiecksform. Ein über die ganze Bildbreite gezogener Hintergrund in Form einer braun-blauen Bergkette schließt in einer nur leicht in Bergkuppen modulierten waagerechten Horizontsilhouette den Tiefenraum zur Ferne hin ab. Bläulich-weiße Höhungen im lichten Braun der Berge, wie sie für Josse de Momper typisch sind, hier aber von Jan Brueghel d.J. als stilistischer „Kniff“ zur Tiefensuggestion übernommen sind, verbinden sich mit den hellblauen, dunstigen Wolkenformen, die vor allem über den rechten Teil des lichten Himmels ziehen, zur perfekten traditionellen, auf Blautönen basierenden Hintergrundgestaltung des hochmanieristischen Landschaftsschemas der Drei-Gründe-Formation. Die Dominanz der Waagerechten und sich der Waagerechten annähernden Schrägen – ein fortschrittliches, in die Zukunft weisendes Gestaltungselement, das bei einer angenommenen Entstehung des Gemäldes Ende der 1620er Jahre auf der Höhe der Entwicklung ist – wird realisiert durch Senkrechten im Wald der linken Seite, deren Dominanz von einer einzelnen aufragenden Schräge in Gestalt einer sich fast bis zum oberen Bildrand emporreckenden beblätterten Eiche rechts der Mitte gebrochen wird. Die Abbruchkanten zwischen den Gründen sind scharf in einer Hell-Dunkel-Lichtzäsur herausgearbeitet, ein weiteres, traditionellen Tiefenraum verdeutlichendes Stilmittel, das im Flämischen seine Bedeutung, anders als im Holländischen, nie verloren hat. Dieser allgemein flämische Hang zum Traditionellen dokumentiert sich auch in der von Jan Brueghel hier gewählten Staffage, die getreu den Motivvorlieben der in den 1620er Jahren noch in voller Blüte stehenden „Jan-Brueghel-d.-Ä.-Mode“ folgt. Alle Motive lassen sich in den Vorbildern des Vaters aufspüren. Zum Beispiel der schräg in den Bildraum gestellte zweirädrige Pferdekarren mit Krügen und der Bäuerin mit Kleinkind im Arm auf dem Weg zum Markt; der Bauer am Kopf des Schimmels, der das Zaumzeug vor und nach der Rast richtet (vgl. Jan Brueghel d.Ä.: „Waldige Landschaft mit Figuren“, Städel Museum, Frankfurt/M.); die Gruppe von Menschen links mit ihren Krügen Säcken und Körben auf dem Weg in die Stadt, die in der Kirche rechts im Mittelgrund tiefer gelegen angedeutet ist; die zwei Frauen, die ruhend am Wegesrand sitzen, im Gespräch mit einem vor ihnen stehenden Bauern mit Mütze, der einen Sack geschultert hat, und eine Bäuerin in Rückenansicht, die am linken Arm einen Korb hält, auf dem Kopf eine bauchige Kanne balanciert, mit der Rechten gestikulierend; rechts neben der dünn beblätterten Eiche liegt ein auf dem Ellenbogen aufgestützter Mann in rotem Wams, der Hüter der ihn umgebenden grasenden Schafe. Bisher wurde aus der richtigen Erkenntnis heraus, daß sich im Mittel- und Hintergrund vor allem stilistische Merkmale der Landschaftsgestaltung Josse de Mompers d.J. finden, diesem die gesamte Landschaft zugeschrieben, wobei man immer schon den Bezug der Staffagefiguren zu Jan Brueghel d.Ä. zutreffend festgestellt hatte. Nun hat aber eine eingehendere Beschäftigung der letzten Jahrzehnte mit dem Œuvre der drei in Frage kommenden Maler – Josse de Mompers d.J., Jan Brueghels d.Ä., Jan Brueghels d.J. – sowie die Untersuchung des Originals u. E. zweifelsfrei ergeben, daß wir hier an keiner Stelle die Hand Josse de Mompers d.J. selbst konstatieren können, daß sich vielmehr alle Teile des Bildes im Werk Jan Brueghels d.J. wiederfinden lassen (siehe Vergleichswerke). Daß Jan Brueghel d.J. von Josse de Momper d.J., einem Freund der Familie, beeinflußt war, darf heute als gesichert angesehen werden. Die Untersuchung des Originals vermittelte an keiner Stelle den Eindruck, daß an der Ausführung dieses Gemäldes zwei Maler beteiligt waren. Obwohl die vorliegende Komposition im Geiste Jan Brueghels d.Ä. gemalt wurde, ist doch dessen überaus anspruchsvoller hoher handwerklicher Qualitätsmaßstab nicht erkennbar. Dem Sohn dagegen, Jan Brueghel d.J., ist mit dieser Hommage an den Vater, die nicht Kopie ist, sondern eine freie Weiterentwicklung väterlicher Vorbilder eine der qualitätvollsten Schöpfungen aus seiner Hand gelungen. Aus dem Gutachten von Klaus Ertz, Lingen Vergleichswerke Jan Brueghel d.J.: Weite Landschaft mit Windmühle, Ende 1620er Jahre, Holz, 41 x 62 cm, München, Alte Pinakothek, Inv.-Nr. 830 / Landschaft mit Reisenden und Rohrdommeljäger, Ende 1620er Jahre, Holz, 43,5 x 73,5 cm, 1983 Paris, Galerie Aaron / Landschaft mit Gepäckzug, 1630er Jahre, Holz, 48 x 67 cm, Sankt Petersburg, Eremitage, Inv.-Nr. 2246 Vergleichswerk Jan Brueghel d.Ä.: Waldige Landschaft mit Figuren, um 1605/10, Kupfer, 16 x 26,5 cm, Frankfurt am Main, Städel Museum, Inv.-Nr. 1220 Vergleichsliteratur: Klaus Ertz: Jan Brueghel der Jüngere. Die Gemälde mit kritischem Œuvrekatalog, Freren 1984, Kat.-Nr. 15, 19, 23 / Klaus Ertz und Christa Nitze-Ertz: Jan Bruegehl der Ältere, Lingen 2008–10, Band I, Kat.-Nr. 21 mit Abb. Wir danken Klaus Ertz, Lingen, für die Bestätigung der Authentizität anhand des Originals. Jan Brueghel d.J. (1601 – Antwerp – 1678) ROLLING LANDSCAPE, REST ON A COUNTRY ROAD. In the late 1620s Oil on oak. 38,7 x 55,4 cm ( 15 ¼ x 21 ¾ in.). On the reverse embossed marks: Hand [guild mark of the Antwerp panel makers] / On the reverse in grease pencil: 4 8. Accompanied by a certificate by Cornelis Hofstede de Groot, ’s-Gravenhage, dated February 1926, no. 3000, where described as "ein echtes und karakteristisches Werk von Jodocus des Momper (Landschaft) und Jan Breughel dem Aelteren (die Staffage)“ (in the original) / accompanied by a certificate by Max J. Friedländer, Berlin, dated 11 April 1927, where described as "ein feines u. Charakteristisches Werck von Jod. De Momper. Die Figuren rühren von Jan Brueghel her“ (in the original) / accompanied by a certificate by Klaus Ertz, Lingen, dated 28 January 2015.– Not inlaid. [3001] Provenienz: Galerie Fritz Rothmann (1893–1983), Berlin / 1926 collection Kurt Rohde, Berlin / collection Elisabeth Rohde, Berlin. Source, collection Rohde-Hinze: Receipt Galerie Fritz Rothmann, Berlin, 12. October 1926, 1.300 RM Comparable works by Jan Brueghel the Younger: Weite Landschaft mit Windmühle, late 1620s, wood, 41 x 62 cm, Munich, Alte Pinakothek, inv. no. 830 / Landscape with Travellers and Bittern Hunters, late 1620s, wood, 43,5 x 73,5 cm, 1983 Paris, Galerie Aaron / Country Road, 1630s, wood, 48 x 67 cm, St. Petersburg, Hermitage, inv. no. 2246. Comparable work by Jan Brueghel the Elder: Waldige Landschaft mit Figuren, circa 1605/10, copper, 16 x 26,5 cm, Frankfurt am Main, Städel Museum, inv. no. 1220. Related literature: Klaus Ertz: Jan Brueghel der Jüngere. Die Gemälde mit kritischem Œuvrekatalog, Freren 1984, cat. no. 15, 19, 23 / Klaus Ertz and Christa Nitze-Ertz: Jan Bruegehl der Ältere, Lingen 2008–10, volume I, cat. no. 21 , ill. We would like to thank Klaus Ertz, Lingen, for confirming the authenticity from the original.


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